Ungelöste Probleme der Mathematik als Übungsformate: Das Collatz-Problem (3n+1)
In der Beitragsreihe „Ungelöste Probleme der Mathematik als Übungsformate“ werden Beispiele vorgestellt, die zeigen, wie sich große mathematische Fragen kindgerecht im Unterricht aufgreifen lassen. Dieser Beitrag widmet sich dem Collatz-Problem. Der erste Teil der Reihe beschäftigt sich mit der Goldbachschen Vermutung.
Im Jahr 2000 veröffentlichte das „Clay Mathematics Institute“ (CMI) in den USA eine Übersicht über sieben bisher ungelöste Problemstellungen der Mathematik. Diese Millenium-Probleme basieren u.a. auf Überlegungen des Mathematikers David Hilbert aus dem Jahr 1900, der 23 zum damaligen Zeitpunkt unbewiesene mathematische Probleme zusammengestellt hat.
Die Auseinandersetzung mit diesen „Hilbertschen Problemen“ hat die Mathematik als Wissenschaft im 20. Jahrhundert geprägt (vgl.→ Kaprekar-Konstante) und steht exemplarisch für die fortwährende Suche nach Lösungen für offene Fragen der Mathematik. Dabei geht es nicht zuletzt um das Entdecken und Beschreiben von Mustern und Strukturen.
In didaktisch reduzierter Form können solche Fragestellungen rund um Zahlbeziehungen, Muster und Strukturen bereits in der Grundschule aufgegriffen werden. Sie fördern ein mathematisches Denken, das weit über das bloße Rechnen hinausgeht.
Ein Beispiel dafür ist das Collatz-Problem, das verdeutlicht, wie aus einer leicht nachvollziehbaren Rechenregel komplexe Zahlenfolgen entstehen können, mit denen sich sowohl Forscherinnen und Forscher als auch Kinder im Unterricht der Grundschule beschäftigen können.
Das Collatz-Problem

Das Collatz-Problem stammt vom Mathematiker Lothar Collatz, der u.a. bei David Hilbert und Erwin Schrödinger (→ quantenmechanisches Gedankenexperiment „Schrödingers Katze“) studiert hat.
Sein bisher ungelöstes Problem lässt sich unkompliziert nachvollziehen und eignet sich daher als Übungsformat im Mathematikunterricht der Grundschule – auch wenn es für die Mathematiker von heute als nicht beweisbar gilt.
Bildungsvorschrift für Zahlenfolgen des Collatz-Problems, auch (3n+1)-Problem genannt:
Ausgangspunkt ist eine Zahl n > 0
ist n gerade, so gilt n : 2
ist n ungerade, so gilt 3n + 1
mit der Ergebniszahl wird so immer weiter verfahren
Wenn als Startzahl beispielsweise n = 7 gewählt wird, entsteht folgende Zahlenfolge:
7 → 22 → 11 → 34 → 17 → 52 → 26 → 13 → 40 → 20 → 10 → 5 → 16 → 8 → 4 → 2 → 1
Durch das regelbasierte Multiplizieren und Dividieren eignet sich das Collatz-Problem als Übungsformat ab Klasse 3 oder als „warm up“ für den Unterrichtseinstieg.
Mit einem Blick auf das Ende der Zahlenfolge können Lehrpersonen oder Lernende schnell überprüfen, ob die Rechenschritte korrekt ausgeführt worden sind: Denn Collatz Vermutung lautet, dass jede so erzeugte Zahlenfolge mit dem Zyklus 4, 2, 1 endet – d.h. dass jede Zahlenfolge in einer unendlichen Schleife dieser drei Zahlen mündet.
Beweisbar ist die Vermutung mit mathematischen Mitteln bis heute nicht, dennoch stehen am Ende jeder in der Schule überprüfbaren Zahlenfolge die Zahlen 4, 2, 1.
Arbeitsaufträge
- Wähle eine beliebige Zahl, die größer als 0 ist, als Startzahl.
- Wenn deine Zahl gerade ist, dann teile sie durch 2.
- Wenn deine Zahl ungerade ist, dann multipliziere sie mit 3 und addiere 1.
- Setze auf diese Weise mit der Ergebniszahl fort.
Weiterführende Arbeitsaufträge zur Differenzierung
- Notiere die Zahlenfolgen für alle Startzahlen zwischen 1 und 10.
- Notiere die Zahlenfolgen für alle Startzahlen zwischen 11 und 20.
- Untersuche die Zahlenfolgen. Beschreibe. Was stellst Du fest?
- Erfinde eine eigene Bildungsvorschrift für Zahlenfolgen. Probiere sie aus.
Übersicht über Zahlenfolgen des Collatz-Problems von 1 bis 24:
Zahlenfolge | Anzahl der Zahlen der Zahlenfolge |
1 → 4 → 2 → 1 | 4 |
2 → 1 → 4 → 2 → 1 | 5 |
3 → 10 → 5 → 16 → 8 → 4 → 2 → 1 | 8 |
4 → 2 → 1 | 3 |
5 → 16 → 8 → 4 → 2 → 1 | 6 |
6 → 3 → 10 → 5 → 16 → 8 → 4 → 2 → 1 | 9 |
7 → 22 → 11 → 34 → 17 → 52 → 26 → 13 → 40 → 20 → 10 → 5 → 16 → 8 → 4 → 2 → 1 | 17 |
8 → 4 → 2 → 1 | 4 |
9 → 28 → 14 → 7 → 22 → 11 → 34 → 17 → 52 → 26 → 13 → 40 → 20 → 10 → 5 → 16 → 8 → 4 → 2 → 1 | 20 |
10 → 5 → 16 → 8 → 4 → 2 → 1 | 7 |
11 → 34 → 17 → 52 → 26 → 13 → 40 → 20 → 10 → 5 → 16 → 8 → 4 → 2 → 1 | 15 |
12 → 6 → 3 → 10 → 5 → 16 → 8 → 4 → 2 → 1 | 10 |
13 → 40 → 20 → 10 → 5 → 16 → 8 → 4 → 2 → 1 | 10 |
14 → 7 → 22 → 11 → 34 → 17 → 52 → 26 → 13 → 40 → 20 → 10 → 5 → 16 → 8 → 4 → 2 → 1 | 18 |
15 → 46 → 23 → 70 → 35 → 106 → 53 → 160 → 80 → 40 → 20 → 10 → 5 → 16 → 8 → 4 → 2 → 1 | 18 |
16 → 8 → 4 → 2 → 1 | 5 |
17 → 52 → 26 → 13 → 40 → 20 → 10 → 5 → 16 → 8 → 4 → 2 → 1 | 13 |
18 → 9 → 28 → 14 → 7 → 22 → 11 → 34 → 17 → 52 → 26 → 13 → 40 → 20 → 10 → 5 → 16 → 8 → 4 → 2 → 1 | 21 |
19 → 58 → 29 → 88 → 44 → 22 → 11 → 34 → 17 → 52 → 26 → 13 → 40 → 20 → 10 → 5 → 16 → 8 → 4 → 2 → 1 | 21 |
20 → 10 → 5 → 16 → 8 → 4 → 2 → 1 | 8 |
21 → 64 → 32 → 16 → 8 → 4 → 2 → 1 | 8 |
22 → 11 → 34 → 17 → 52 → 26 → 13 → 40 → 20 → 10 → 5 → 16 → 8 → 4 → 2 → 1 | 16 |
23 → 70 → 35 → 106 → 53 → 160 → 80 → 40 → 20 → 10 → 5 → 16 → 8 → 4 → 2 → 1 | 16 |
24 → 12 → 6 → 3 → 10 → 5 → 16 → 8 → 4 → 2 → 1 | 11 |
Übrigens: Zwischen der Startzahl und der Länge der Zahlenfolge besteht kein Zusammenhang.
Bezug zu den Bildungsstandards
vgl. Bildungsstandards für das Fach Mathematik Primarbereich (Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 15.10.2004)
inhaltsbezogene und allgemeine mathematische Kompetenzen
Problemlösen
- mathematische Kenntnisse, Fertigkeiten und Fähigkeiten bei der Bearbeitung problemhaltiger Aufgaben anwenden,
- Lösungsstrategien entwickeln und nutzen (z.B. systematisch probieren),
- Zusammenhänge erkennen, nutzen und auf ähnliche Sachverhalte übertragen.
Zahlen und Operationen
- Zahldarstellungen und Zahlbeziehungen verstehen
- Rechenoperationen verstehen und beherrschen
Muster und Strukturen
- Gesetzmäßigkeiten erkennen, beschreiben und darstellen
- Gesetzmäßigkeiten in geometrischen und arithmetischen Mustern (z.B. in Zahlenfolgen oder strukturierten Aufgabenfolgen) erkennen, beschreiben und fortsetzen,
- arithmetische und geometrische Muster selbst entwickeln, systematisch verändern und beschreiben.
Andreas Grajek
Letzte Aktualisierung: 19. Oktober 2025