Schulimpulse

Ungelöste Probleme der Mathematik als Übungsformate


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Vom Sehen zum Verstehen: Das Schätzen ab Klassenstufe 1 entwickeln
Interview mit Marion Gutzmann
Das Zahlenbüchlein: Geschichten und Merksprüche zu den Ziffern 0 bis 9
Du bist, wo du sitzt – Eine Frage der Sitzordnung
Zeitreisen: Zeitformen im integrativen Deutschunterricht

Im Jahr 2000 veröffentlichte das „Clay Mathematics Institute“ (CMI) in den USA eine Übersicht über sieben bisher ungelöste Problemstellungen der Mathematik. Diese Millenium-Probleme basieren u.a. auf Überlegungen des Mathematikers David Hilbert aus dem Jahr 1900, der 23 zum damaligen Zeitpunkt unbewiesene mathematische Probleme zusammengestellt hat. Die Auseinandersetzung mit diesen „Hilbertschen Problemen“ hat die Mathematik als Wissenschaft im 20. Jahrhundert geprägt.

Die Goldbachschen Vermutungen

Goldbachsche Vermutungen – ungelöste Probleme der Mathematik im Unterricht der Grundschule

Zu den um 1900 ungelösten Fragen der Mathematik zählt beispielsweise die „starke Goldbachsche Vermutung“, welche nach einem Beweis für die Aussage sucht, dass sich jede Zahl, die größer als 2 ist, als Summe von zwei Primzahlen darstellen lässt. Die Gültigkeit der Aussage ist kaum zu beweisen – ihre Ungültigkeit allerdings auch nicht.

Eine abgeschwächte und wahrscheinlich leichter zu beweisende Variante der Vermutung besteht in der Aussage, dass sich jede ungerade Zahl, die größer als 5 ist, als Summe von drei Primzahlen darstellen lässt.

Sowohl die starke als auch die schwache Goldbachsche Vermutung lassen sich für den Mathematikunterricht der Grundschule als Übungsformate adaptieren (vgl. → Zehnerfreunde, Zahlenplakate, Pinnwand). Probieren und systematisches Probieren werden u.a. als prozessbezogene Kompetenzen entwickelt (→ vgl. Sachaufgaben, schriftliche Subtraktion).

Übrigens: Für Christian Goldbach, der im 18. Jahrhundert lebte, galt die 1 noch als Primzahl. Heute besteht in der Mathematik Einvernehmen darüber, dass die Zahl 2 die kleinste Primzahl ist.

Starke Goldbachsche Vermutung

Jede gerade Zahl größer als 2 ist Summe zweier Primzahlen.

Beispiele:

4 = 2 + 2

6 = 3 + 3

8 = 3 + 5

10 = 5 + 5

12 = 5 + 7

14 = 7 + 7 und 14 = 3 + 11

usw.

Arbeitsaufträge und Differenzierungspotenzial

  • Wähle eine gerade Zahl, die größer als 2 ist. Finde zwei Primzahlen, deren Summe deine Zahl ergibt.
  • Notiere für gerade Zahlen im Zahlenraum bis 100 Gleichungen, deren Summanden zwei Primzahlen sind.
  • Einige gerade Zahlen lassen sich nicht nur durch eine einzige Gleichung darstellen. Notiere zu diesen Zahlen weitere Möglichkeiten, diese als Summe von zwei Primzahlen darzustellen.
  • Probiere auch gerade Zahlen aus, die größer als 100 sind.
Starke Goldbachsche Vermutung: Möglichkeiten der Darstellung gerader Zahlen durch zwei Primzahlen von 4 bis 30 (Zerlegungen durch Primzahlen)

Schwache Goldbachsche Vermutung

Jede ungerade Zahl größer als 5 ist Summe dreier Primzahlen.

Beispiele:

7 = 2 + 2 + 3

9 = 2 + 2 + 5 oder 9 = 3 + 3 + 3

11 = 3 + 3 + 5 oder 11 = 2 + 2 + 7

13 = 3 + 5 + 5

15 = 3 + 5 + 7 oder 15 = 5 + 5 + 5 oder 15 = 2 + 2 + 11

usw.

Arbeitsaufträge und Differenzierungspotenzial

  • Wähle eine ungerade Zahl, die größer als 5 ist. Finde drei Primzahlen, deren Summe deine Zahl ergibt.
  • Notiere für ungerade Zahlen von 7 bis 99 Gleichungen, deren Summanden drei Primzahlen sind.
  • Einige ungerade Zahlen lassen sich nicht nur durch eine einzige Gleichung darstellen. Notiere zu diesen Zahlen weitere Möglichkeiten, diese als Summe von drei Primzahlen darzustellen.
  • Probiere auch ungerade Zahlen aus, die größer als 99 sind.

Das Collatz-Problem

Collatz-Problem – ungelöste Probleme der Mathematik im Unterricht der Grundschule

Das Collatz-Problem stammt vom Mathematiker Lothar Collatz, der u.a. bei David Hilbert und Erwin Schrödinger (→ quantenmechanisches Gedankenexperiment „Schrödingers Katze“) studiert hat.

Sein bisher ungelöstes Problem lässt sich unkompliziert nachvollziehen und eignet sich daher als Übungsformat im Mathematikunterricht der Grundschule – auch wenn es für die Mathematiker von heute als nicht beweisbar gilt.

Bildungsvorschrift für Zahlenfolgen des Collatz-Problems, auch (3n+1)-Problem genannt:

Ausgangspunkt ist eine Zahl n > 0

ist n gerade, so gilt n : 2

ist n ungerade, so gilt 3n + 1

mit der Ergebniszahl wird so immer weiter verfahren

Wenn als Startzahl beispielsweise n = 7 gewählt wird, entsteht folgende Zahlenfolge:

7 → 22 → 11 → 34 → 17 → 52 → 26 → 13 → 40 → 20 → 10 → 5 → 16 → 8 → 4 → 2 → 1

Durch das regelbasierte Multiplizieren und Dividieren eignet sich das Collatz-Problem als Übungsformat ab Klasse 3 oder als „warm up“ für den Unterrichtseinstieg.

Mit einem Blick auf das Ende der Zahlenfolge können Lehrpersonen oder Lernende schnell überprüfen, ob die Rechenschritte korrekt ausgeführt worden sind: Denn Collatz Vermutung lautet, dass jede so erzeugte Zahlenfolge mit dem Zyklus 4, 2, 1 endet – d.h. dass jede Zahlenfolge in einer unendlichen Schleife dieser drei Zahlen mündet.

Beweisbar ist die Vermutung mit mathematischen Mitteln bis heute nicht, dennoch stehen am Ende jeder in der Schule überprüfbaren Zahlenfolge die Zahlen 4, 2, 1.

Arbeitsaufträge

  • Wähle eine beliebige Zahl, die größer als 0 ist, als Startzahl.
  • Wenn deine Zahl gerade ist, dann teile sie durch 2.
  • Wenn deine Zahl ungerade ist, dann multipliziere sie mit 3 und addiere 1.
  • Setze auf diese Weise mit der Ergebniszahl fort.

Weiterführende Arbeitsaufträge zur Differenzierung

  • Notiere die Zahlenfolgen für alle Startzahlen zwischen 1 und 10.
  • Notiere die Zahlenfolgen für alle Startzahlen zwischen 11 und 20.
  • Untersuche die Zahlenfolgen. Beschreibe. Was stellst Du fest?
  • Erfinde eine eigene Bildungsvorschrift für Zahlenfolgen. Probiere sie aus.

Übersicht über Zahlenfolgen des Collatz-Problems von 1 bis 24:

ZahlenfolgeAnzahl der Zahlen der Zahlenfolge
1 → 4 → 2 → 14
2 → 1 → 4 → 2 → 15
3 → 10 → 5 → 16 → 8 → 4 → 2 → 18
4 → 2 → 13
5 → 16 → 8 → 4 → 2 → 16
6 → 3 → 10 → 5 → 16 → 8 → 4 → 2 → 19
7 → 22 → 11 → 34 → 17 → 52 → 26 → 13 → 40 → 20 → 10 → 5 → 16 → 8 → 4 → 2 → 117
8 → 4 → 2 → 14
9 → 28 → 14 → 7 → 22 → 11 → 34 → 17 → 52 → 26 → 13 → 40 → 20 → 10 → 5 → 16 → 8 → 4 → 2 → 120
10 → 5 → 16 → 8 → 4 → 2 → 17
11 → 34 → 17 → 52 → 26 → 13 → 40 → 20 → 10 → 5 → 16 → 8 → 4 → 2 → 115
12 → 6 → 3 → 10 → 5 → 16 → 8 → 4 → 2 → 110
13 → 40 → 20 → 10 → 5 → 16 → 8 → 4 → 2 → 110
14 → 7 → 22 → 11 → 34 → 17 → 52 → 26 → 13 → 40 → 20 → 10 → 5 → 16 → 8 → 4 → 2 → 118
15 → 46 → 23 → 70 → 35 → 106 → 53 → 160 → 80 → 40 → 20 → 10 → 5 → 16 → 8 → 4 → 2 → 118
16 → 8 → 4 → 2 → 15
17 → 52 → 26 → 13 → 40 → 20 → 10 → 5 → 16 → 8 → 4 → 2 → 113
18 → 9 → 28 → 14 → 7 → 22 → 11 → 34 → 17 → 52 → 26 → 13 → 40 → 20 → 10 → 5 → 16 → 8 → 4 → 2 → 121
19 → 58 → 29 → 88 → 44 → 22 → 11 → 34 → 17 → 52 → 26 → 13 → 40 → 20 → 10 → 5 → 16 → 8 → 4 → 2 → 121
20 → 10 → 5 → 16 → 8 → 4 → 2 → 18
21 → 64 → 32 → 16 → 8 → 4 → 2 → 18
22 → 11 → 34 → 17 → 52 → 26 → 13 → 40 → 20 → 10 → 5 → 16 → 8 → 4 → 2 → 116
23 → 70 → 35 → 106 → 53 → 160 → 80 → 40 → 20 → 10 → 5 → 16 → 8 → 4 → 2 → 116
24 → 12 → 6 → 3 → 10 → 5 → 16 → 8 → 4 → 2 → 111

Übrigens: Zwischen der Startzahl und der Länge der Zahlenfolge besteht kein Zusammenhang.


Einordnung in die Bildungsstandards (inhaltsbezogene und allgemeine mathematische Kompetenzen)

Problemlösen

  • mathematische Kenntnisse, Fertigkeiten und Fähigkeiten bei der Bearbeitung problemhaltiger Aufgaben anwenden,
  • Lösungsstrategien entwickeln und nutzen (z.B. systematisch probieren),
  • Zusammenhänge erkennen, nutzen und auf ähnliche Sachverhalte übertragen.

Zahlen und Operationen

  • Zahldarstellungen und Zahlbeziehungen verstehen
  • Rechenoperationen verstehen und beherrschen

Muster und Strukturen

  • Gesetzmäßigkeiten erkennen, beschreiben und darstellen
    • Gesetzmäßigkeiten in geometrischen und arithmetischen Mustern (z.B. in Zahlenfolgen oder strukturierten Aufgabenfolgen) erkennen, beschreiben und fortsetzen,
    • arithmetische und geometrische Muster selbst entwickeln, systematisch verändern und beschreiben.

Letzte Aktualisierung: 18. Juli 2022