Schulimpulse

Komplexe Leistung „Gedicht“: Kompetenzen entwickeln und bewerten

Vom Wort zum Bild: Eine Gedichtpartitur gestalten
Gedichte im integrativen Deutschunterricht
Ungelöste Probleme der Mathematik als Übungsformate: Das Collatz-Problem (3n+1)
Zehn Jahre Schulimpulse: Ein Beitrag führte zum nächsten. 100 Beiträge später.
Denkmale vor unserer Haustür: Geschichte(n) erleben mit der Forscherkartei für ein Denkmalprojekt
Entdecken und Experimentieren: Die Kaprekar-Konstante als Übungsformat im Mathematikunterricht
Gedichtwerkstatt: Wir schreiben ein Sonettchen
Sprache fühlen – Gedichte verfassen

Die Arbeit mit Gedichten kann im Deutschunterricht der Grundschule als Komplexe Leistung mit mündlichen, schriftlichen und praktischen Anteilen gestaltet werden. Den Schülerinnen und Schülern werden drei bis fünf verschiedene Gedichte zur Wahl angeboten. Diese können gemeinsam gelesen und besprochen werden, bevor die Klasse mit der Bearbeitung der Komplexen Leistung beginnt. Die Aufgaben werden nicht direkt auf dem Arbeitsblatt bearbeitet, sondern von den Kindern in ihren Heften oder auf Einzelblättern notiert, um später zu einer portfolioähnlichen Mappe zusammengefasst zu werden. 

Auswahl an Frühlingsgedichten: Leise zieht durch mein Gemüt (Heinrich Heine), Er ist’s (Eduard Mörike), Maler Frühling (Heinrich Hoffmann von Fallersleben), Die Tulpe (Josef Guggenmos), Der Zitronenfalter (Edith Schreiber-Wicke), Der Frühling kommt bald (Christian Morgenstern), Neuer Frühling (Heinrich Heine) Maler Frühling (Hoffmann von Fallersleben)

Auswahl an Sommergedichten: Sommerfrische (Joachim Ringelnatz), Segelschiffe (Joachim Ringelnatz), Weißt du wie der Sommer riecht (Ilse Kleberger), Waldlied (Heinrich Hoffmann von Fallersleben)

Auswahl an Herbstgedichten: Der Herbst steht auf der Leiter (Peter Hacks), Herbsträtsel (Herrmann Siegmann), Hab Dank du lieber Wind (Heinrich Hoffmann von Fallersleben), Septembermorgen (Eduard Mörike)

Auswahl an Wintergedichten: Der Schneemann auf der Straße (Robert Reinick), Die drei Spatzen (Christian Morgenstern), Draußen vom Walde (Theodor Storm), Januar (Robert Reinick), Ein Vogel am Fenster (Wilhelm Hey)


Beispiel „Jahreszeitengedicht“

Komplexe-Leistung-Jahreszeitengedicht

Aufgaben und mögliche Bewertung

❶ Wähle ein Gedicht aus und lies es jemandem vor. (1 P.)

❷ Sprich mit einem Partnerkind über das Gedicht. Was fällt dir auf? Begründe, warum du dich für das Gedicht entschieden hast. (1 P.)

❸ Schreibe das Gedicht sauber und fehlerfrei ab. Gestalte es passend. (4 P.)

❹ Finde 5 Substantive in deinem Gedicht und schreibe sie mit Artikel in der Einzahl (Singular) und Mehrzahl (Plural) auf. (5 P.)

❺ Suche im Text 3 Adjektive und steigere sie. (3 P.)

❻ Wähle ein Verb aus dem Gedicht aus und schreibe es jeweils in der richtigen Form in die Tabelle. Setze zuerst die richtigen Personalpronomen ein. (7 P.)

❼ Lerne das Gedicht und trage es auswendig vor. Tipp: Besprich mit einem Mitschüler deine Betonung, Mimik, Gestik, Lautstärke und Tempo. (5 P.)

❽ Erfinde ein eigenes Jahreszeitengedicht. Schreibe es sauber auf und gestalte es. (4 P.)

Hinweise zum Arbeitsprozess

Das Verfassen eigener Gedichte bietet Kindern die Möglichkeit, ihre Erfahrungen, Gedanken und Emotionen kreativ auszudrücken. Beim spielerischen Umgang mit Sprache erweitern sie auch ihren Wortschatz. So wird nicht nur die Freude am Schreiben geweckt, sondern auch der sprachliche Ausdruck gefördert.

Die unterschiedlichen Zugänge zum Schreibprozess der Kinder sollten unbedingt zugelassen, begleitet und angeleitet werden. Mögliche Vorgehensweisen dabei sind:

  • vom Inhalt zum Gedicht („Ich schreibe über Pferde“)
  • von den Reimen zum Gedicht („Was reimt sich auf Frühling?“)
  • von der Geschichte zum Gedicht

Der Arbeitsprozess sollte möglichst individuell unterstützt werden. Dabei nimmt die Lehrperson eine beratende Funktion ein. Weiterhin sollten

  • Wörterbücher bereitliegen,
  • Zusammenarbeit der Kinder ermöglicht werden (z.B. gegenseitiges Vorlesen und Überarbeiten),
  • regelmäßige Feedbackrunden in der Klasse eingeplant sowie
  • wertschätzende Rückmeldungen vorgelebt werden.

Abschließend kann eine Präsentation / Ausstellung in der Klasse oder dem Schulhausorganisiert werden, bei der die Autorinnen und Autoren ihr Gedicht vorstellen.

Beispiele: Frühlingsgedichte von Kindern

Das Schneeglöckchen

Das Schneeglöckchen,
mit seinem Weißröckchen.

Das Schneeglöckchen ist weiß
und spricht zu sich ganz leis:
„Wieso, wieso
bin ich so froh?
So froh war ich im Leben nicht,
es ist das Sonnenlicht!“

Und in einem Wald
wird es schon bald
so viele Schneeglöckchen geben.
Was Schöneres sahst du nie im Leben!
Die Frühlingszeit

Ja, es ist’s,
Die Frühlingszeit.

Sie ist so toll,
Oh wie wundervoll.

Die Vögel zwitschern auf den Bäumen,
die Kinder wollen vom Frühling träumen.

Die Blumen fangen an zu blühen,
und die Sonne beginnt zu glühen.

In die Natur wollen wir nun gehen,
um den Frühling zu sehen.

Die Blumen blühen voller Pracht,
so wurde der Frühling mitgebracht.

Beispiele: Gedichte von Kindern zum Thema „Jahreszeiten“

Schneeflocken

Eine ist klein,
die andere fein.
Sie fallen vom Himmelszelt,
man sagt, sie sind auf der ganzen Welt?
Vielleicht auch nur auf unserem Feld?
Man kann sie nicht kaufen,
man muss dafür auch nicht laufen.
Die Winterzeit

Es ist kalt in der Nacht.
Jeder schläft und der Schnee friert zu Eis.
Am Morgen erwachen alle Menschen und es ist weiß.

Die Sonne erwacht
und es wird hell in der Stadt.
Die Kinder gehen Schlittschuh fahren.
Und die Eltern kommen mit dazu.
Sie jubeln und klatschen ihnen zu.

Am Abend sind sie alle müde,
gehen nach Hause,
ins Bett
und sind weg.

In der Nacht, da fängt es an zu schneien.
Alle Kinder kommen und schreien vor Glück.
Die Eltern kommen und fragen:
„Was ist denn los?“
Da sagen die Kinder bloß:
„Es schneit, es schneit,
in der Winterzeit.“

Jahreszeitengedicht

Fällt der Schnee im dunklen Wald,
ist es Weihnachten schon bald.

Kommt der Weihnachtsmann ins Tal,
gibt es Freude überall.

Kommt der Osterhase dann,
ist der Frühling wieder dran.

Suchen wir die Eier bald
unter Büschen und im Wald.

Kommt der Sommer dann,
ziehen wir ein T-Shirt an.

Blumen wachsen immer schneller,
auf der Wiese, nicht im Keller.

Ist die Herbstzeit endlich da,
rufen wir „hurra hurra“.

Geburtstag haben wir schon bald,
den feiern wir im bunten Wald.

H, 3. Klasse

Das Jahreszeitengedicht

Heute fällt der Schnee,
zugefroren ist der See.

Wir  gehen Schlittschuh laufen
und schaufeln Schnee auf einen Haufen.

*********************

Kommt der Osterhas,
ist wieder grün das Gras.

Und im dunklen Wald
heißts: Ostern ist schon bald.

*********************

Ins Schwimmbad gehn wir morgen
und vergessen alle Sorgen.

Und mit voller Wonne
scheint die liebe Sonne.

*********************

Bald haben wir Geburtstag,
wir freuen uns so sehr.

Wir können nicht mehr baden gehn
im großen weiten Meer.

L., 3. Klasse

Dieser Beitrag ist Teil der Reihe „Wörter, Sätze, Poesie: Gedichte im Unterricht der Grundschule“ mit vielfältigen Zugängen und Unterrichtsideen zu Gedichten.

Kinder verfassen Gedichte
Gedichte erschließen, schreiben und präsentieren
Schreiben im Anfangsunterricht: Frühlingselfchen
Stufengedichte schreiben – Wörter werden zu Sätzen
Sprache fühlen – Gedichte verfassen
Gedichtwerkstatt: Wir schreiben ein Sonettchen
Gedichte im integrativen Deutschunterricht
Vom Wort zum Bild: Eine Gedichtpartitur gestalten

Judith Köhler

Letzte Aktualisierung: 28. Dezember 2025